Georgine Beeke erlebte eine Bilderbuchkindheit auf dem kleinen Hof ihrer Großeltern, obwohl der Krieg bei ihrer Geburt erst wenige Monate zurücklag und die Not der ersten Jahre auch ihr kleines Dorf an der Weser nicht verschonte. Eine Großfamilie mit fünf Geschwistern, einer fürsorglichen Mutter, einer hingebungsvollen Großmutter und einem bewunderten Großvater, dessen früher Tod eine erste Zäsur in das Leben des Mädchens brachte. Der Geborgenheit im Schutze der erwachsenen Frauen tat also zunächst kaum Abbruch, dass der tyrannische Vater einen düsteren Schatten auf das verletzliche Familienglück warf.
Der Zauber der Kindheit endete abrupt, als die Mutter überraschend starb und die Achtjährige unvorbereitet in die Welt der Erwachsenen gestoßen wurde. Der launenhafte und zum Jähzorn neigende Vater ließ kaum eine Gelegenheit aus, seinen Furor gegen die Kinder zu richten, und versetzte sie in einen Dauerzustand der Angst. Des Nachts schlich er sich zu seiner kleinen Tochter und ließ das Mädchen stets in einem unauflösbaren Wechselbad von Abscheu und unverbrüchlicher Vaterliebe zurück. Da äußere Mauern keinen Schutz mehr boten und auch die Großmutter sich nicht als Halt erwies, errichtete die inzwischen zur Jugendlichen Herangereifte stumm innere Mauern. Trauer ergriff sie, der der brüchig werdende Zusammenhalt der Geschwister nur wenig entgegensetzen konnte.
"Vaters in jedem Stein wohnender Geist
wird auch nachfolgende Generationen
unserer Familie ruinieren."
Die Prägung dieser Jahre bestimmte ihr weiteres Leben bis auf den heutigen Tag – bestimmten ihre Ehe, das Verhältnis zur eigenen Tochter, den Berufsalltag in der nahegelegenen Kleinstadt, die verwandtschaftlichen Bande und manch flüchtige oder einschneidend tiefe Begegnung. Georgine Beeke erzählt von Wunden, die nicht heilen. Und weil der Alltag immer wieder Zumutungen bereithält, sehnt sie sich nach den gelebten Werten der Großeltern und der vermeintlichen Einfachheit des Landlebens, wo einmal alles so vielversprechend begonnen hatte.